+43 1 522 66 66
Bestpreis buchen

Vom Raum dazwischen

Das Hotelzimmer als ideale Wohnform und die Bedeutung vom Raum dazwischen. Davon und über sein Verständnis von Architektur und Hotel Design erzählt Ihnen Adolf Krischanitz im Interview. Lauschen Sie den Ansätzen des renommierten Architekten. Erleben Sie das Zimmer 64 in nachfolgendem Video.

Das Gespräch in voller Länge

Wieso haben Sie sich für eine Zusammenarbeit mit dem Altstadt Vienna entschlossen?    

 

Die Zusammenarbeit mit dem Hotel Altstadt Vienna ist interessant, weil es ein innovatives Hotelkonzept ist und weil natürlich der Aspekt, dass hier Wohnungen zu Hotelzimmern adaptiert werden, dem ganzen Projekt etwas sehr gelassenes, etwas akzidentistisches gibt. Was fast wie zufällig wirkt. Das finde ich sehr reizvoll, weil es nichts Schlimmeres gibt, als diese Rituale in einem Hotel, die manchmal nerven.

 

Welche Vorgaben hatten Sie seitens des Bauherrn, seitens des Altstadt Vienna?

 

Das war eine relativ freie Zusammenarbeit. Ich weiß natürlich, nachdem ich in sehr vielen Hotels gewohnt habe und immer noch wohne, was die Anforderungen für ein Hotelzimmer sind. Aber von Seiten des Bauherrn war mir jegliche Freiheit gegeben, die man sich nur wünschen kann. Ich glaube, wenn man für einen Hotelbetreiber beziehungsweise eine Hotelkette arbeitet, dann ist man, vor lauter Zwangsmaßnahmen dort ein Gefangener. Und das war hier das Gegenteil.

 

Das Altstadt Vienna fordert Gestalter auf, ihre eigene persönliche Interpretation des Wiener Lebensgefühls zu interpretieren und in Form eines Zimmerentwurfes umzusetzen. Wie äußert sich das in Ihrem Zimmer?

 

Das kommt insofern zum Ausdruck - da braucht man sich gar nicht so sehr bemühen - weil ich ja ein Architekt bin, der sich mit Möbeln auseinandersetzt und diese auch entwirft. Die sind ja zum Teil eingeflossen. Das heißt, dass man sich um den Wiener Sound eigentlich als Wiener Architekt kaum bemühen braucht, weil man den sowieso drauf hat. Dann kommt noch dazu, dass ein Hotelzimmer für mich sowieso ein idealer Raum ist. Ich kann mir sogar vorstellen, selbst permanent in Hotels zu wohnen, weil ich das vom Lebensgefühl her einfach gut finde.

Sie nächtigen selber oft in Hotels. Was ist Ihnen wichtig?

 

Ich würde es fast umgekehrt formulieren: Mir ist in einer privaten Wohnung Ähnliches wichtig wie in einem Hotel. Ich gehe zum Beispiel oft auch in irgendein Etablissement frühstücken, weil ich das lieber mag als wenn ich in der Früh selber tätig werde. Genauso ist es mit den Wohnungen, die ich mache. Es gibt zum Beispiel Leute, die in einem Zimmer oder in einem Raum bestimmte Aspekte einbauen, die sie für besonders wichtig halten.

Für mich ist in einem Raum wichtig, dass der mehr oder weniger fast alle Funktionen autonom erfüllen kann. Das ist in einem Hotelzimmer sehr ähnlich. Für mich ist in einem Raum wichtig, dass es einen Kasten gibt, in de man Kleider aufhängen kann. Es ist möglicherweise auch interessant in fast jedem Raum ein Waschbecken zu haben, weil das irgendwie auch dazu gehört. Es ist auch wichtig, dass ein WC nicht weit weg ist und es eventuell sogar beim Schlafraum ist. Das heißt es gibt viele Aspekte, die ich vom Hotel auf die Normalwohnung übertragen habe. Man könnte das also fast umgekehrt sehen. Aber wie gesagt, da sind mir natürlich bestimmte Aspekte wichtig. Mir ist auch wichtig, dass man nicht unbedingt im Bett liegen muss um fernzusehen. Für mich ist das auch so eine tödliche Geschichte in Hotels, wenn ich mich ins Bett legen muss, um den Fernseher zu betrachten. Diesen hier kann man umdrehen, dann kann man auch woanders sitzen und man legt sich dann schlafen. Das ist an sich für mich eine relativ wichtige Funktion. Es gibt auch andere wichtige Funktionen.

Wir haben ja hier diese verschränkten Aspekte gemacht. WC, Dusche, Schrankraum usw. sind so gegenüber einem Gang platziert, dass Flächen, die normalerweise verloren gehen, selbstverständlich benutzt werden und so nicht exkludiert sind. Das sind Sachen, die mir in einer Wohnung wichtig sind und eben auch in einem Hotel. So viel Unterschied sehe ich in dem Sinn da gar nicht.

Was erzählen uns das Interieur, die Möbel, die Materialien des Zimmers?

Es gibt Möbel, die teilweise zugekauft sind, und welche, die auch von mir selbst entworfen wurden. Es gibt eine Raumausstattung zwischen Objektcharakter, wie dieser Schrank oder dieses Möbelstück mit dem Fernseher, der drehbar ist oder einem Tisch am Fenster, an dem man wahrscheinlich ganz gut arbeiten kann, wenn man das will. Ein Fauteuil, andere Dinge und ein Boy, an den man das Gewand hängt. Das ist zum Beispiel auch eine relativ wichtige Angelegenheit. Sowas fehlt in sehr vielen Hotelzimmern oder schaut eben irgendwie erbärmlich aus. Das kann auch ein interessanter Aspekt sein. Oder ein eingebautes Radio, das in den meisten Hotelzimmern fehlt, weil die meisten auf das Fernsehen fixiert sind. Dann müssen sie gleichzeitig auch liegen oder schlafen. Das kennt man ja, man liegt dann vor dem Fernseher und schläft ein. Und das ist natürlich nicht wirklich, das was man als ein aktives Nutzen versteht, sondern eher eine schädliche Funktion darstellt.

Besser ist, wenn man sich dazu entschließt sich hierher zu setzen und dann Fernzusehen oder sich eben nieder zu legen um zu schlafen und der gleichen mehr. Das heißt, diese Diversifikation von Funktionen und vor allem einerseits und anderseits die Verschränkung von Funktionen, durchaus im Sinne des Schrankes. Es ist zum Beispiel interessant, dass das WC und die Dusche und das Waschbecken und der Schrankraum in eine Art Schränke eingebaut sind. Es sind natürlich schon Räume, aber auch vor allem Schränke. Dadurch sind die Funktionen verschränkt und anderseits sogar diversifiziert, weil sie eben durch einen Gang, eine Mauer oder durch eine Wand getrennt sind.

Wie soll sich der Gast in „Ihrem“ Zimmer fühlen? Bzw. Wer ist der „richtige“ Gast für „Ihr“ Zimmer?

Ich kann mir vorstellen, dass es in den meisten Hotels oder Hotelketten, wenn man jetzt das Negativbeispiel sieht, so ist, dass es eine Corporate Identity gibt, indem ein Zimmer ausschaut wie das andere. Das eine ist dann vielleicht blau und das andere grün. Das sind Sachen, die für mich ein Horror sind. Ich habe einmal in einem Wohnheim gewohnt, in dem immer abwechselnd zwei Farben waren, die vorgekommen sind. Alleine das Bewusstsein hat mich schon krank gemacht, dass ich weiß, das blaue Zimmer daneben und dort auch wieder und da das Orangene usw. Das sind Irrtümer.

Es geht um eine gewisse persönliche Note, die jedes Zimmer haben sollte. Insofern finde ich auch das Konzept des Hotel Altstadt Vienna sehr, sehr gut. Es kann eigentlich nicht besser sein als, dass jeder Raum durch verschiedene Architekten eine bestimmte gestalterische Richtung einschlägt. Und andererseits aber die einzelnen Objekte und Dinge so standardisiert sind, dass sie funktionieren. Das ist natürlich auch wichtig. Es hat keinen Sinn, wenn man dann irgendeinen Gestalter hat, der so individuell ist, dass man es noch kaum bedienen kann oder benutzen kann. Diese beiden Aspekte widersprechen sich nicht unbedingt. Das heißt, etwas kann eine persönliche Note, aber trotzdem auch einen sehr guten Standard haben.

 

Wie unterscheidet sich ihr persönlicher Wohnstil mit dem von Ihnen geschaffenen Zimmer im Altstadt Vienna?

Im Prinzip gar nicht so sehr, weil ich, wie gesagt, das Hotelzimmer sowieso als ideale Wohnform sehe. Ich kann mir sogar vorstellen, dass wenn ich älter werde, das Serviced Hotel eine interessante Alternative für mich sein kann. Dass man sagt, man hat bestimmte Rückzugsmöglichkeiten, die man entsprechend gestalten und auch benutzen kann. Und anderseits hat man bestimmte Standardfunktionen, die ähnlich wie in einem Hotel funktionieren. Insofern ist mein persönlicher Wohnstil nicht so unterschiedlich.

Wie gesagt, wenn ich eine Wohnung mit drei oder vier Räumen habe, dann wird auch jeder Raum gewissermaßen ein bisschen Hotelzimmercharakter haben, weil ich den Raum auch flexibel nutzen will. Das heißt, wenn Gäste kommen oder sonst was, dann ist der Raum einfach benutzbar, ohne dass er wieder gewissermaßen zu stark in das Gesamtkonzept eingreift. Für mich ist ein Hotel zwar eine städtische Wohnform, aber durchaus eine mögliche Wohnform, die ich gern auch auf andere Dinge stülpen möchte. Schon Karl Kraus hat gesagt, dass es eigentlich nur einen guten Komfort und eine gewisse Qualität braucht. Gemütlich ist man selber oder eben auch nicht. Und es gibt nichts schlimmeres, wenn eine Art Gemütlichkeit vorgetäuscht wird oder erzeugt werden will, die dann keine ist, weil es zu eindimensional ist und zu aufgesetzt ist. Es gibt da dann auch noch die Kunst hier, die interessant ist.

Was gibt es denn über die Kunst in dem Zimmer zu erzählen?

Ein junger Künstler hat dieses Bild, die Zeichnung gemacht und in eine Tapete übersetzt. Für mich war das natürlich interessant gerade mit so einer Herausforderung umzugehen. Eine Tapete wird ja Teil der Wand und das ist sozusagen ein interessanter Aspekt, dass sich die Tapete nicht ohne weiteres von der Wand ablöst, sondern Teil der Wand wird. Dadurch hat sie im Prinzip eine zweifache Wirkung. Dass es Teil der Architektur wird, aber dann trotzdem eigentlich aus Papier und ursprünglich ein ganz loser Teil ist, der dann aber durch die Verklebung, durch das eingemeinden in die Wand, zum Teil der Wand wird.


Was ist Ihr Lieblings-Element/Objekt im Raum?

Für mich ist Raum nicht das Element, sondern das dazwischen. Alles was dazwischen ist, ist mir das Wichtige und Wesentliche. Darum gibt es einen Zwischenraum, es gibt diesen Raum zwischen dem Kunstwerk und der Holzwand. Es gibt in der Mitte den Raum, der Medien und es gibt dann auch das Fenster und die Tür. Für mich spannt sich der Raum eigentlich dazwischen auf und für mich gibt es kein Lieblings-Element. Zum Beispiel das Zusammenspiel von der Holzwand und der Blumenwiese: Die Blumenwiese ist ein Artefakt, das gezeichnet, vergrößert und auf die Tapete gebracht wurde. Somit wurde es fast industriell verwertet. Gegenüber ist die Holzwand „Ast-Eiche“, die wirklich ein Naturprodukt ist. Das ist eine Eiche, die ganz bewusst Äste hat und aus verschiedenen Furnieren zusammengesetzt ist.

Das ist auch eine relativ wichtige Angelegenheit, dass diese beiden Dinge dann gegenüber sind und so eine Art zweifache Definition von Natur darstellen. Da ist einerseits die Holzwand, die zwar auch industriell verarbeitetes Furnier ist, als wirkliche Natur sichtbar und andererseits ein Artefakt, eine künstliche Auffassung von einer Blumenwiese. Diese hat keine Farbe. Man könnte es auch farbig machen, aber das wollte ich ganz bewusst nicht. Es ist mir wichtig, dass es abstrakt, aber in seiner Machart erkennbar bleibt. Das war meine größte Sorge, dass man auch sieht, dass es eine Zeichnung ist. Das sieht man auch noch und das ist auch wichtig. So ähnlich zieht sich das auch fast durch alle Elemente und spielt eine Rolle. An dem Furnier, da haben wir lange herumgesucht, weil das so eine Selbstverständlichkeit hat, frei und offen ist, aber nicht so ländlich sittlich daher kommt. Das wäre ja auch ziemlich wahnsinnig. Sondern eine Art von Verarbeitung, aber trotzdem eine Art Interpretation von der Natur zeigt. Das ist natürlich in dem Fall relativ wichtig.

Ein Objekt im Raum sticht hervor, die schwebende Bank...

Das ist ein Entwurf, den ich vor längerer Zeit für Wittmann gemacht habe. Da geht es darum, dass ich eine Bank wollte, die erstens bequem ist und in der Tiefe relativ wenig Platz braucht, weil sie an der Wand hängt. Diese schwebende Bank hat den Vorteil, dass sie keine Fü.e hat. Da kann man drunter wischen, also auch die ein Faktor, der für ein Hotel aus hygienischen Gründen sehr wichtig sind.

Was erzählen uns die beiden Lampen?

Diese Lampen sind relativ alte Entwürfe. Ich habe sie damals, ich glaube für ein Hotel bzw. eine Art Schulungszentrum der Swiss RE in Zürich, gemacht. Sie haben sich über die Zeit sehr gut gehalten, wurden immer wieder produziert und verkauft. Jetzt sind sie die idealen Ergänzungen. Für mich ist das Zusammensuchen von Sachen, die man selber macht und die man erwirbt, wie diese beiden Tische von Jasper Morrison oder die Nachtkasten und dergleichen, sehr wichtig. Das muss einfach in einer gewissen Art und Weise zusammenpassen, aber auch nicht zu sehr. Es ist auch wichtig, dass jedes Teil für sich immer als solches identifizierbar bleibt.

 

Auch der Schrank birgt Potential für Erinnerungsmomente? Was war die Idee hinter der Lochdecke?

Im Normalschrank haben Sie das Problem, dass Sie da einen Schrank drinnen haben, in den ich meinen Kleiderbügel hineinhängen muss. Hier könnte ich quasi den Kleiderbügel überall oben an die Decke hinhängen. Dadurch ist er frei benutzbar. Das ist eigentlich die Idee dahinter.
 

Ihr Fazit?

Es mir viel Spaß gemacht und ich fand es sehr gut. Ich hoffe, dass wir das erfüllt haben, was Sie sich vorgestellt haben. Aber wie ich das jetzt sehe, ist es sehr schön geworden.

Danke für das Gespräch.

Umweltzeichen
84 Rooms

Altstadt ViennaKirchengasse 41, 1070 Wien, Österreich, Tel. +43 1 522 66 66, hotel@altstadt.at