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Ein Gespräch mit Antonella Amesberger über #79

Antonella, wir hatten ja schon einmal das Vergnügen. Wie kam es denn nun zu unserer Kollaboration für unsere Grete Wiesenthal Suite?

Stimmt, während des Studiums durfte ich als Praktikantin mit Lena Hoschek die ehemalige Library Suite des Hotels gestalten. 10 Jahre später kam ich als Architektin zum Frühstück in den Altstadt Salon und war erfreut so viele bekannte Gesichter wiederzusehen. Mit einer druckfrischen Visitenkarte ließ ich liebe Grüße an Otto ausrichten und ein paar Monate später läutete das Telefon.“ 

Was waren die ersten Schritte in der Konzeptfindung für dieses Zimmer? Wie bist du an die Auseinandersetzung mit Grete Wiesenthal herangegangen?

Der erste Schritt war eigentlich ein Griff- zum Telefon: Lucie Horná, eine Balletttänzerin mit der ich zuvor ein Kunst im Umbau- Projekt umgesetzt hatte, gab mir Einblicke in die revolutionäre Wiesenthal Technik und zeigte mir Aufnahmen der Tänze. Erst so konnte ich die sphärische Körperhaltung der Grete Wiesenthal verstehen: Der Oberkörper ist weit nach hinten gebeugt, die Arme sind weit geöffnet und nun wird in großen Schritten drehen. Ich war fasziniert von der Vita der Wiesenthal Schwestern und recherchierte zur Wiener Tanzmoderne. Die Nähe Wiesenthals zur Wiener Werkstätte führte mich ins MAK- Archiv. Weitere Quelle der Inspiration war das vielzählige Bildmaterial: weite Kleider, offene Haare, die extatische Revolution des Walzers. Das Gestaltungskonzept sollte leicht, freudig und dynamisch sein und die Einheit von Körper, Tanz und Musik vermitteln: Der Spiegel an der Decke des Salons lädt Gäste ein, sich in die Tanzhaltung der Protagonistin zu begeben und das solistische Drehmoment selbst zu erleben. Historische Fotos der tanzenden Grete Wiesenthal abstrahierte ich mittels Linienzeichnungen und entwarf so einen dynamischen Rapport für fließende Vorhänge und Polsterstoffe. Die Herangehensweise in zwei Wörtern zusammengefasst: recherchieren und experimentieren!

Unsere Gestalter*innen werden immer gebeten, auch über eine Interpretation des Wiener Lebensgefühls nachzudenken und dieses abzubilden. Was ist denn für Dich an der Grete Wiesenthal Suite besonders Wienerisch? Was bringst Du mit dem Wiener Lebensgefühl in Verbindung?

„Ur“ wienerisch ist der gegebene Grundriss des Wiener Gründerzeit Gebäudes von 1899. Die Raumabfolge der hohen Räume, die jeweils zentral erschlossen sind. Die Doppelkastenfenster und natürlich darf für ein Wiener Wohngefühl das Knarren des Fischgrätparkett nicht fehlen. Das authentische Wiener Lebensgefühl ist für mich geprägt von unaufdringlicher Gemütlichkeit. Diese sowohl als räumliches Erlebnis als auch als Gefühlszustand erlebbar zu machen ist eine hohe Kunst. Inspiration dafür finde ich in Wiener Kaffeehäusern und in Billy Joel‘s Songtext „Vienna“.

Wie äußert sich das im Zimmer, in den Möbeln, den Materialien?

Viele Bestandteile der Suite sind von einem lokalen Entstehungsprozess gezeichnet: Gemütliche Polstermöbel sind von einer Wiener Möbelmanufaktur gefertigt, Tischlermöbel und Sanierungsarbeiten der Doppelkastenfenster wurden von Handwerk aus Wien Neubau und der Inneren Stadt hergestellt. Handzeichnungen wurden mittels Siebdruck in Wien Ottakring auf Vorhang- und Polsterstoffe aufgebracht. Kombiniert mit bequemen internationalen DesignerInnenklassikern und Klaviermusik schaffen alle Details eine gemütliche Komposition. Schlichte Kugelleuchten aus Glas wie man sie aus Wiens Treppenhäusern kennt, runden die behagliche Atmosphäre ab.

Du hast dir ja für die drei bzw. 5 Räume der Suite auch drei Themenschwerpunkte ausgesucht – Tanz, Musik und Natur. Bitte erzähl uns, wieso du diese Themen gewählt hast und wie du es umgesetzt hast.

Die Themen gab die Protagonistin vor: Grete tanzte mit ihren Schwestern am liebsten in der freien Natur und brach aus den Zwängen der Ballettschule aus, um die Musik bis in Ihre Fingerspitzen zu fühlen. Im Konferenz- Tanzsalon gibt es trotz multifunktionalen Anforderungen mittig möglichst viel Platz für Bewegung. Das Musikzimmer lädt mit der Klaviertastatur zu interagieren. Mit der Stummschaltungsfunktion des Pianinos ist dies auch für Autodidakt*innen, wie auch Grete Weisenthal eine war möglich. An den Wänden sind originale Lithografien der Tänzerin von Erwin Lang zu sehen. Die Natur und ihre Farbpalette spannt sich wie ein grüner Faden durch die Suite und ist auf Tischoberflächen, Textilien, Wandfarben und auf einem floralen Tapetenentwurf der Wiener Werkstättendesignerin Felice Rix-Ueno zitiert.

Was kannst Du zum Farbkonzept sagen?

Rosmarin, Alga, Turmalin, Beverly 310, Black Green und Verde sind die Bezeichnung der diversen Grüntöne die in der Suite zum Einsatz kamen. Kombinationen mit leuchtendem Kobaltblau, Zitronengelb und Altrosa auf warmgrauen Hintergrund kräftigen das Ambiente. Dynamisch wirkt der Rapport von schwarzen Linienzeichnungen von Grete Wiesenthals bewegter Kleidung und Haarpracht im Tanz, auf den transluzenten Vorhängen der Suite.

Die Suite mit der Nummer 79 ist mit tatsächlich 79m² einer unserer größten Zimmer. Worauf musstest du hier besonders achten?

Die Suite besteht aus einem großen Salon mit ca 30m2 und zwei klassischen Kabinetträumen, die trotz den großzügigen Doppelbetten nicht beengend wirken sollten. Die unregelmäßige Enfilade, die unmittelbare Aneinanderreihung von Räumen, beansprucht je Raum entsprechend Erschließungsfläche die frei von  Möblierung blieb und sich ideal um durchzutanzen eignet. Mit der Toilette als einzigem Zimmer das kein Durchgangszimmer ist, hat die Suite ein definitives Ende, bis zu diesem der gestalterische Spannungsbogen gehalten werden musste. Ich hoffe das ist gelungen. 

Wie viel bringt man als Designer*in von seinem eigenen persönlichen Wohnstil mit, oder löst man sich irgendwann komplett davon?

Mein Wohnstil ist für mich ein kontinuierlicher Prozess, er erzählt von persönlichen Geschichten, Reisen, Einflüssen und Interessen und entwickelt sich im Laufe der Zeit weiter. Ziel meiner Projekte ist es, die Geschichte der Auftraggeberschaft, der Nutzer*innen und in diesem Fall auch die der Grete Wiesenthal zu verstehen, um individuelle Räume und Gestaltung zu schaffen. Dabei macht es mir große Freude zeitlose Raumatmosphären zu konzipieren, die zusätzlich mit Bauwerk, Handwerk und Objekten Geschichten erzählen. Das ermöglicht die Realisierung einzigartiger Projekte. Jede Aufgabe hat so seinen eigenen Stil, mein Werkzeug von der Konzeption bis zur Ausführung ist das Narrativ. 

Wie viel bringt man als Designer*in von seinem eigenen persönlichen Wohnstil mit, oder löst man sich davon komplett?

Ich glaube, dass man als Designer irgendwann so etwas wie eine Art DNA entwickelt, eine „Design-DNA“. Das merkt man selbst vielleicht gar nicht so sehr, aber irgendwann kann man schon erkennen, von wem ein Entwurf sein könnte. Mein persönlicher Wohnstil, der ist gewachsen, der ist über Jahre entstanden. Er ist vielfältig aber reduziert, mit einigen wenigen klassischen Stücken durchmischt. Jedes Mal wenn ich umziehe, sieht meine Wohnung oder Haus anders aus. Das hängt komplett von der Adresse, von der Ausstrahlung des Hauses oder der Wohnung ab. Genauso mach ich das auch bei meinen Entwürfen.

Wie soll sich der Gast in deiner Suite fühlen? Wen siehst du da drinnen?

Gemütlich, leicht und frei, vielleicht tanzend oder auf dem Boden liegend? Wohnt man im Hotel, erweitert man das gewohnte Wohnerlebnis. Ein Hotelzimmer bietet frischen Raum für Reflexionen, Emotionen und Ideen. Vielleicht kann der Spiegel an der Decke des Salons dem Gast neue Perspektiven und Blickwinkel ermöglichen. 

Bist du selbst oft in Hotels unterwegs?

Ja, ich reise gerne, bin oft umgezogen und schätze räumliche Abwechslung. Als Kinder haben mein Bruder und ich in Hotelzimmern oder Unterkünften unmittelbar nach dem Betreten der Räumlichkeiten verstecken gespielt. Wir fanden es spannend, vorallem auf kleinstem Raum gute Verstecke zu finden, um so jeden neuen Winkel zu erkunden. Heute genieße ich im Hotelzimmer vor allem die geistige Räumlichkeit zum freien Denken und die Distanz zum Alltag. Diese Atmosphäre produktiv zu nutzen, hat im Rahmen eines Residency Programms in einem Hotel in Bad Gastein sehr gut funktioniert. Jedes neue Wohnerlebnis ermöglicht Raum für Inspiration.  

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