
Mit Herz
und Hirn
Renate Hattinger
Keramik
Ein Herz aus Gold. Oder doch lieber ein Hirn? Liebevoll in Handarbeit modelliert gibt es in Renate Hattingers Wunderladen und Atelier ums Eck beides und noch mehr einzigartige Objekte und menschliche Organe aus Porzellan zu erstehen. Im Word Rap über Wien verrät die Keramik-Künstlerin ihre persönlichen Insider-Tipps für einen Wien-Besuch:

Was magst du an der Gegend? Warum bist du im 7. Bezirk?
Ich wohne schon viele Jahre im Siebenten und mag die kleinteilige Struktur, die vielen kleinen Geschäfte und Lokale rundum, die Mischung aus alt und neu und das Publikum, das hier unterwegs ist.
Neubau hat sich in den letzten 20 Jahren sehr gewandelt. Viel von dem erhaltungswürdigen und heruntergekommenen Altbestand wurde revitalisiert und die Kreativwirtschaft hat den Bezirk für sich entdeckt. Wer auf der Suche nach etwas Besonderem, abseits des Mainstreams ist, wird in diesem Bezirk definitiv fündig.
Da war es naheliegend, mir ein Atelier hier in Neubau zu suchen. Es herrscht eine sehr liebendwürdige Nachbarschaft, es fühlt sich ein bisschen wie im urbanen Dorf, mitten in der Stadt, an. Seit die Burggasse gegenüber von mir zum Ruth-Klüger-Platz geworden ist, ist es noch netter. Das einzige Manko ist das Defizit an Grünflächen. Das Museumsquartier ist aber nahe gelegen, und man ist in wenigen Minuten in den Museen und Parkanlagen der Innenstadt.
Was kann man bei dir erstehen? Welche Leidenschaft steckt dahinter?
Bei mir gibt es Objekte, Dosen und Vasen in Form von menschlichen Organen, Becher, Schälchen und Schalen, weiß und bunt, alles aus Porzellan. Ich liebe es zu modellieren, so sind kleine und größere Frauenfiguren und verschiedene Tierchen entstanden. In den Schmuckstücken finden sich Naturformen - Nüsse, Früchte und Samen, die zu Ketten, Anhängern, Arm- und Ohrschmuck verarbeitet werden.
Porzellan ist ein sehr feines, edles Material, das mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl verarbeitet werden will. Mein Geschäft ist zugleich Werkstatt, dem entsprechend sieht es hier auch oft aus. Aber die Leute lieben es und sie sind immer willkommen, mir bei der Arbeit zuzusehen.


Was gibt es nur in Wien?
Raunzer, die Wiener Kaffeehauskultur und hochwertiges Großstadt-Trinkwasser.
Raunzen oder Granteln ist die Gabe, herzhaft zu jammern und zu klagen. Dieses für Wien typische Mitteilungsbedürfnis gilt hier als akzeptabler Alltagsjargon.
Die Wiener Kaffeehauskultur gehört seit dem Jahre 2011 zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO. „Die Kaffeehäuser sind ein Ort, in dem Zeit und Raum konsumiert werden, aber nur der Kaffee auf der Rechnung steht“, umschreibt die UNESCO das Wiener Kaffeehaus. Es ist also ein Ort, an den man stundenlang verweilen darf und wo der Leistungsdruck keinen Platz hat.
Was gibt es woanders besser?
Wir haben leider kein eigenes Meer. Macht aber nichts, denn auch auf der 21 Kilometer langen Donauinsel lässt es sich entlang der Neuen Donau bestens entspannen und schwimmen und sie gilt als das Freizeitparadies der Wiener*innen. Weniger Autoverkehr und mehr Balkone würden die Lebensqualität noch erhöhen.
Süßes Wien?
Im Crème de la Créme gibt es sensationelle Törtchen, französisches Flair in Wien. Außerdem haben wir an jedem Eck einen Eissalon, insgesamt 159 in Wien. Am Besten einfach durchprobieren.
Herzhaftes Wien?
Wenn es dunkel wird?
Wien ist eine der sichersten Städte und daher braucht man in Wien bei Nacht keine Angst zu haben.
Steht in keinem Touristenführer?
Bei einem Spaziergang über den Meidlinger Friedhof kann man putzige Hamster entdecken.
Dein Lieblingsplatz?
Von der Piratenbucht, über den Partystrand bis zum FKK-Bereich: die Neue Donau ist überaus facettenreich, wobei mein Lieblingsplatz eher einer der ruhigen, idyllischen Badeplätze entlang der Neuen Donau ist. Der Nussberg mit seinen vielen kleinen Heurigen mitten in den Weinbergen, bietet bei einem Spaziergang einen herrlichen Blick über Wien.
Unbedingt sehen?
Wer mit dem Rad die Stadt erkundet, unterstützt dadurch nicht nur den grünen Tourismus, sondern erlebt Wien aus einem ganz anderen Blickwinkel. In jedem Bezirk gibt es Interessantes zu entdecken. Entlang des Donaukanals im ersten Wiener Gemeindebezirk lassen sich die Spielarten der Graffitikultur in einer einzigartigen Dichte betrachten.
Kann man auslassen, obwohl es im Guide steht?
Fiakerfahrt.
Was liebt ihr an der Stadt?
Das große Kulturangebot, die hohe Lebensqualität und dass alles gut funktioniert.
Renate Hattinger Keramik
www.renatehattinger.com
+43 676 628 73 00
Burggasse 34
Öffnungszeiten
nach telefonischer Vereinbarung
Fotos © Daniela Beranek/Sabine Krammer